Byzanz: In Ostrom probten Hooligans den Staatsstreich, doch sie hatten nicht mit Kaiserin Theodora gerechnet

Byzanz In Ostrom probten Hooligans den Staatsstreich, doch sie hatten nicht mit Kaiserin Theodora gerechnet

Die Zirkusparteien rechneten nicht mit der Entschlossenheit der Kaiserin. Das Mosaik ist in Ravenna erhalten geblieben, das Wagenrennen stammt aus dem Film  "Ben Hur" (2016)

Die Zirkusparteien rechneten nicht mit der Entschlossenheit der Kaiserin. Das Mosaik ist in Ravenna erhalten geblieben, das Wagenrennen stammt aus dem Film  „Ben Hur“ (2016)

Die Anhänger der Zirkusparteien steckten 532 Konstantinopel in Brand und wollten den Kaiser verjagen. Der war schon bereit zu fliehen – doch Kaiserin Theodora wollte lieber im Purpurgewand sterben, als dem Mob zu weichen.

Theodora und Justinian sind das Traumpaar der Spätantike. Justinian errichtet im 6. Jahrhundert die Macht Roms erneut vom Bosporus aus. Ihm gelang es weite Teile des weströmischen Reiches wieder unter Kontrolle zu bringen und die Barbaren, die sich dort breitgemacht hatten, zu besiegen. Unter dem Kaiserpaar wurde die gewaltige Hagia Sophia errichtet. Das Rechtswesen wurde gefestigt und vieles mehr.

Zwei Aufsteiger regieren die Welt

Aber fast noch erstaunlicher als die Taten des Kaisers ist die Rolle seine Kaiserin. Beide stammten aus einfachsten Verhältnissen. Justinian wurde 482 als Bauernsohn im Dorf Tauresium gebunden. Theodoras Vater soll Bärenwärter im Zirkus gewesen sein. Sie selbst hat sich als Schauspielerin und Prostituierte durchgeschlagen. Theodora lebte ein wildes Leben und war für ihre Partys bekannt. Als sich beide kennenlernte, war die wilde Jugend von Theodora schon vorbei. Justinian war damals kaiserlicher Beamter. Die Liebe zwischen beiden muss groß gewesen sein. Sie heirateten, obwohl ein Gesetz den Beamten die Ehe mit einer Schauspielerin verbot.

Später beherrschte das Paar zeitweise die Welt. Doch zu Beginn seiner Herrschaft saß Justinian keineswegs fest im Sattel. Niederlagen im Krieg und finanzielle Schwierigkeiten führten dazu, dass der Emporkömmling wenig beliebt war. Den Mächtigen missfiel Justinians Vorstellung, dass er nur Gott verantwortlich sei. Noch weniger passte ihnen, dass unter seiner Herrschaft auch die oberen Schichten Steuern zahlen sollten. Gleichzeitig machte sich der Kaiser beim einfachen Volk unbeliebt, da er bei den Wagenrennen knauserte und diese nicht mehr zu großzügig wie gewohnt unterstützte.

Die Rebellion der Zirkusparteien

Die Wagenrennen hatte in Ostrom eine ungeheure Bedeutung, der Fußballfanatismus von heute ist nur ein schwacher Abglanz des damaligen Kultes. Das ganze Volk von Konstantinopel gehörte den verschiedenen Parteien an, benannt nach den Farben der Rennställe. Die beginnenden Unruhen wollte der Kaiser mit harter Hand ersticken. Seine Soldaten ergriffen Unruhestifter, aber als sie hingerichtet werden sollte, geschah ein „Wunder“. Bei zwei Verurteilten riss der Strick. Für das einfache Volk und erst recht für ihre Parteigänger war das ein göttliches Zeichen. Sie verlangten die Begnadigung.

Die verweigerte der Kaiser. Das war ungeschickt, denn so einte er die verfeindeten Zirkusparteien. Im Januar 532 kam es zum Aufstand, zuerst wurde das Haus des Präfekten angegriffen, danach Einrichtungen des Kaiserhauses. Die Vorgängerkirche der Hagia Sophia und einzelne Stadtviertel gingen im Flammen auf. Die Wachen in der Stadt unterstützen den Kaiser nicht. Zeitweise sah es so aus, als würde nur seine Leibwache aus Goten ihn noch schützen. Prokop berichtet, Justinian soll verzweifelt gewesen sein und bereit, alles aufzugeben, doch die Kaiserin Theodora überzeugte ihn, dass er, der Kaiser, dem Aufstand entgegentreten müsse. In einer großen Rede trat Theodora erstmals aus der angestammten Rolle der Gemahlin heraus.

„Meine Herren, die gegenwärtige Gelegenheit ist zu ernst, um der Konvention zu folgen, dass eine Frau nicht im Rat der Männer sprechen sollte. Diejenigen, die von extremer Gefahr bedroht sind, sollten nur an die klügste Vorgehensweise denken, und sich nicht an Konventionen halten.

Meiner Meinung nach ist die Flucht nicht der richtige Weg, auch wenn sie uns in Sicherheit bringen sollte. Es ist unmöglich für einen Menschen, der in diese Welt hineingeboren wurde, nicht zu sterben. Aber für jemanden, der geherrscht hat, ist es unerträglich, ein Flüchtling zu sein. Möge ich niemals des Purpur-Gewandes beraubt werden, und möge ich niemals den Tag erleben, an dem diejenigen, die mich sehen, mich nicht Kaiserin nennen.

Wenn Ihr euch retten wollt, mein Herr, gibt es keine Probleme. Wir sind reich; da drüben ist das Meer, und dort drüben sind die Schiffe. Denken Sie aber jetzt einen Moment darüber nach, ob Sie, wenn Sie einmal an einen sicheren Ort geflohen sind, diese Sicherheit später nicht gerne gegen den Tod eintauschen würden. Ich stimme dem Sprichwort zu, dass das königliche Purpur das edelste Leichentuch ist.“

Im Blut erstickt

Der Kaiser und seine Ratgeber fassten darauf neuen Mut. Kaisertreue Truppen wurden in die Stadt verlegt. Justinian rief das Volk im Hippodrom zusammen und versprach Straffreiheit. Die Aufständischen aber glaubten, er sei schon geflohen und es werde ein anderer Kaiser aufgerufen. Aber sie hatten sich getäuscht, die dem Kaiserpaar ergebenen Generäle Belisar und Mundus marschierten mit ihren Truppen in das Hippodrom ein und massakrierten die Aufständischen. „Am Ende überlebte keiner der Bürger, weder die der Grünen noch die der Blauen, die im Hippodrom waren“, berichtet Theopanes. Über 30.000 Anhänger der Zirkusparteien fanden den Tod.

Das Kaiserpaar hatte seine Macht gefestigt. Zu zweit und mit den Getreuen, die in der Stunde der Gefahr bei ihnen gestanden waren, gelang es ihnen, die einstige Größe Roms wiederaufzubauen. Letztlich konnte das Oströmische Reich die westlichen Gebiete nicht lange halten. Aber der Befreiungsschlag des Kaiserpaares machte es möglich, dass Byzanz bis 1453 allen Versuchen widerstand, die Stadt zu erobern.

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