Zoff in Duisburg: Kindertheater will Stück zur Loveparade-Tragödie aufführen – Opferverein ist entsetzt

Eins muss man den Verantwortlichen des Duisburger „Kom’ma“-Theaters lassen: Mutig sind sie. Vor wenigen Tagen haben sie angekündigt, das Loveparade-Drama von 2010 in künstlerischer Form aufzuarbeiten. Schon Ende März 2020, knapp zehn Jahre nach dem Unglück, das 21 – zumeist junge Menschen – mit dem Leben bezahlten, soll das Stück in dem Kinder- und Jugendtheater uraufgeführt werden. Ein Mammutprojekt, das Regisseur und Autor René Linke vor der Brust hat. Die Stadt Duisburg hat er im Boot. Sie will die Idee finanziell unterstützen. Die „WAZ“ hatte zuerst über die gemeinsamen Pläne von Theater und Stadt berichtet. Dass das Vorhaben nicht überall auf Zustimmung stößt, überrascht nicht. Gegenwind kommt vor allem vom Verein „Lopa 2010“, einer Initiative von Betroffenen für Opfer und Hinterbliebene des Massengedränges vom 24. Juli 2010. Auch im Netz läuft eine hitzige Debatte darüber, ob ein solches Thema auf einer Bühne aufgearbeitet werden sollte.

„Können keine Antworten geben, aber Fragen stellen“

„Als Duisburger Theater sehen wir uns in der Pflicht, uns mit der Loveparade zu beschäftigen“, verteidigt Theater-Mitgründerin Renate Frisch die Idee. Details, wie das Stück auf der Bühne aussehen soll, sind noch nicht bekannt. Kein Zweifel besteht aber daran, dass die Tragödie schwerer Stoff ist. Das weiß auch Regisseur Linke. „Wir wühlen uns durch unzählige Dokumente“, sagt der erfahrene Pädagoge. Gemeinsam mit jungen Schauspielern des Theaterkollektivs „Kopierwerk“ hat er sich in die aufwändige Recherchearbeit gestürzt. Respekt vor dem, was passiert ist, spielt dabei eine große Rolle. „Theater kann keine Antworten geben, aber Fragen stellen“, findet Frisch. Zum Beispiel die, wie die Stadt Duisburg mit dem Trauma Loveparade umgeht. Auch deshalb arbeitet Linke unter anderem mit dem Verein zusammen, der den Opfern und Angehörigen der Hinterbliebenen hilft.

„Lopa 2010“ nennt Engagement der Stadt unmoralisch

Doch der Verein „Lopa 2010“ lässt kaum ein gutes Haar an der Idee des Theaters. In einer am Dienstag veröffentlichten Mitteilung greift die Initiative die Initiatoren scharf an. Es sei unmoralisch, aus dem schlimmsten Tag der Betroffenen und Hinterbliebenen ein Theaterstück zu kreieren, welches von den Mitverantwortlichen finanziert wird, heißt es in dem Schreiben. Schon seit Jahren wirft der Verein der Politik in Duisburg fehlendes Interesse an den Opfern vor. So steht unter anderem der Vorwurf im Raum, dass die Hinterbliebenen und Opfer bis heute keinen Cent ausgezahlt bekommen haben und Spendengelder falsch eingesetzt wurden.

Loveparade auf der Bühne: Facebook-User diskutieren im Netz

Fast 50 Kommentare fanden sich binnen kurzer Zeit unter der Meldung einer Zeitung, die über das geplante Theaterstück zur Loveparade-Tragödie 2010 berichtete

„Blöde Idee“ – Kontroverse Debatte im Netz

Zumindest einen Hoffnungsschimmer erkannte „Lopa 2010“ in der Idee, das Drama von Duisburg auf die Bühne zu hieven. „Die Stadtpolitik erinnert sich daran, dass es uns noch gibt.“ Dass das Unglück im Ruhrgebiet auch zehn Jahre danach noch in den Köpfen der Menschen wabert, zeigt auch die emotionale Diskussion in den sozialen Medien.

Von „Blöde Idee“ über „Nicht Ihr Ernst“ und „Pietätlos“ bis „Walldorfpsychologie“ reichen die Kommentare derer, die dem Projekt nichts abgewinnen können. Andere kritisieren, dass die Pläne schon im Vorfeld derart verteufelt wird. Der Regisseur sei dafür bekannt, sensibel und professionell mit schwierigen Themen umzugehen. Vorschnelles Urteilen sei deshalb „völlig fehl am Platze“ findet ein User unter dem Post der „WAZ Duisburg“ .

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Verfahren gegen Stadtmitarbeiter eingestellt

Die Akten der juristischen Aufarbeitung dessen, was am 24. Juli 2010 passierte, wurden inzwischen geschlossen. Im Februar 2019 stimmte die Staatsanwaltschaft Duisburg dem Urteil der 6. großen Strafkammer es Landgerichts Duisburg zu. Das Verfahrens gegen sechs städtische Angestellte und den Kreativdirektor des Veranstalters wurde eingestellt.

Quellen: „WAZ„; „XtraNews

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