Zum 40. Geburtstag: Was „Die drei Fragezeichen“ schon immer besser gemacht haben als „TKKG“

„Die drei Fragezeichen“ oder „TKKG“? Das ist quasi die „Stones oder Beatles“-Frage des Hörspiel-Genres. Wer in den 80er oder 90ern aufgewachsen ist, wird um keine der beiden Serien komplett herumgekommen sein. Mindestens ein paar Folgen davon gehörten zu jeder soliden Kinderzimmerausstattung dieser Zeit. Ganz zu schweigen von all denen, die sämtliche jemals erschienenen Episoden, fein säuberlich nach Nummern sortiert, in extra dafür angeschafften Kästen aufbewahrten – selbstredend auf MC, also der guten alten Kassette. Also diese Dinger, an denen man mit einem Bleistift rumfummeln musste, wenn sich das Band mal wieder irgendwo aufgehängt hatte und die man zur Halbzeit einmal zu wenden hatte, um in den Genuss der B-Seite zu kommen. Lang ist’s her …

Die Frage danach, welche der beiden Serien denn nun die bessere ist, lässt sich nicht seriös und schon gar nicht zur allgemeinen Zufriedenheit beantworten. Aber annähern kann man sich ihr. Von den Verkaufszahlen her ist die Sache klar: Mit den Abenteuern der drei Detektive aus dem fiktiven kalifornischen Örtchen Rocky Beach kann es kein Hörspiel der Welt aufnehmen. Mehr als 50 Millionen Tonträger wurden seit dem 12. Oktober 1979 verkauft, das bedeutet über 150 Gold- und Platinschallplatten für Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews.

„TKKG“ startete als Hörspiel zwei Jahre später und ist in Deutschland zwar klar die Nummer zwei, liegt aber mit rund 33 Millionen verkauften Tonträgern deutlich abgeschlagen zurück. Auch über Gold- und Platinschallplatten durften sich Tim (Ex-Tarzan), Karl, Klößchen und Gaby mit unter 25 solcher Auszeichnungen nicht ansatzweise so häufig freuen. Den Machern wird das übrigens gepflegt wurscht sein, denn beide Serien werden vom Label Europa produziert, das zu Sony gehört.

„Die drei Fragezeichen“ geistreich, „TKKG“ prollig?

Aber es geht ja nicht immer nur um den reinen wirtschaftlichen Erfolg. Was habe ich nicht schon für flammende Reden dafür gehört, welche der beiden denn nun wirklich die bessere Serie sei. „Die drei Fragezeichen“ seien viel zu brav und damit langweilig, bei „TKKG“ gehe es wenigstens richtig rund, führen Befürworter der letzeren Serie gerne an. Die Abenteuer aus Rocky Beach seien eben gewieft und geistreich, die aus der namenlosen „Millionenstadt“ der TKKG-Bande platt, prollig und oft politisch unkorrekt, entgegnet die andere Seite gerne.

Womit wir bei der Überschrift dieses Textes wären. Eines machen „Die drei Fragezeichen“ nämlich zweifelsfrei besser als ihre Konkurrenz: Altern. Denn egal ob die ersten Episoden von 1979 oder die jüngst erschienene Jubiläumsfolge 200: Was bei Justus, Peter und Bob passiert, ist stets etwas für die ganze Familie. Bei der TKKG-Bande sieht das anders aus: Die ersten 99 Abenteuer gibt es nur noch im sogenannten Retro-Archiv bei einigen Streaming-Anbietern zu hören, samt Aufdruck „Ab 12 Jahren“. Drei Folgen (die 19, 20 und 37) wurden wegen Bedenken an der Kindertauglichkeit sogar auch daraus gelöscht.

Und ohnehin steht TKKG seit Jahren in der Kritik. Die Serie sei sexistisch und rassistisch, werfen Gegner ihr vor. Tatsächlich ist das Frauenbild, besonders der frühen Folgen, in die Jahre gekommen. Gaby darf bei zahlreichen Aktionen nicht dabei sein, weil „das zu gefährlich für ein Mädchen“ sei oder sie wahlweise „um diese Uhrzeit ins Bett“ gehöre. Auch Ausdrücke wie „Neger“ und „Zigeuner“ kommen in alten TKKG-Folgen vor und nicht selten werden Leute alleine ob ihres Äußeren unter Generalverdacht gestellt. Mehr zu dieser Kritik, können Sie hier nachlesen.

Justus, Peter und Bob wäre das nicht passiert

Natürlich muss Kunst immer im Kontext der Zeit gesehen werden, in der sie entstand, und einiges an der Kritik an TKKG geht deutlich zu weit. Dennoch kann man festhalten: Den drei Detektiven wäre das nicht passiert. Justus, Peter und Bob sind und waren stets (nahezu) politisch korrekt unterwegs. Sie richteten sich damit schon immer an eine größere Masse, verschreckten weder Hörer noch deren Eltern – höchstens, wenn es mal einigen zu gruselig wurde, wie zum Beispiel beim „Schreienden Wecker“.

„Die drei Fragezeichen“ haben zudem im Vergleich mit TKKG den größeren Nostalgie-Faktor, zumindest mit ihren neuen Folgen. Denn seit 40 Jahren hören wir die selben Stimmen, natürlich im Wandel der Zeit. Oliver Rohrbeck (Justus), Jens Wawrczeck (Peter) und Andreas Fröhlich (Bob) haben als Teenager angefangen und sind heute Mitte Fünzig. Sprachtraining hält ihre Stimmen jung, trotzdem mussten auch ihre Serien-Ichs zwischenzeitlich einen Wachstumsschub auf schätzungsweise um die 18 Jahre mitmachen. Bei TKKG sind nur noch zwei der ursprünglichen vier Sprecher mit an Bord. Die eigentliche Stimme von Gaby, Veronika Neugebauer, starb mit 40 Jahren an Krebs. Karl-Sprecher Niki Nowotny stritt sich mit dem Label nach 197 gesprochenen Folgen ums Honorar und wurde kurzerhand ersetzt.

Oliver Rohrbeck, Jens Wawrczeck und Andreas Fröhlich

So sehen die Stimmen von Justus, Peter und Bob im richtigen Leben aus (v.l.): Oliver Rohrbeck, Jens Wawrczeck und Andreas Fröhlich

Und so sahen die drei aus, als es damals losging: Jens Wawrczeck (Peter), Oliver Rohrbeck (Justus) und Andreas Fröhlich (Bob)

Und so sahen die drei aus, als es damals losging: Jens Wawrczeck (Peter), Oliver Rohrbeck (Justus) und Andreas Fröhlich (Bob)

Und damit die Drei-Fragezeichen-Nostalgie auch im richtigen Ambiente daher kommt, erscheinen auch die neuen Folgen noch immer parallel auf Audiokassette. „Alleine bei jeder Neuheit verkaufen wir nach wie vor zwischen 8000 und 10.000 MC. Das ist der Wahnsinn, weil es sonst eigentlich gar keine Produkte mehr als MC gibt“, erläuterte jüngst Sony-Music-Manager Arndt Seelig. Die Firma vertreibt die in Hamburg produzierte Reihe eigentlich über Download, Stream, CD und Vinyl. Ans nötige MC-Bandmaterial zu kommen, war für Sony zeitweise ein Problem.

Jetzt zum 40-jährigen Jubiläum haben Rohrbeck, Wawrczeck und Fröhlich übrigens bereits in Aussicht gestellt, dass es dann irgendwann auch nicht mehr weitergehen wird mit ihnen als Justus, Peter und Bob. Fröhlich verriet der DPA, dass die drei auf jeden Fall selbst diesen Zeitpunkt bestimmen müssten. „Wir müssen vorher sagen: ‚Jetzt ist der Punkt gekommen, wo es albern wird.'“ Aber das sei eben der Vorteil am Hörspiel: „Graue Haare kann man nicht hören.“ Daher habe man bislang „keinen Plan, wann es so weit sein wird“.

Dann alles Gute und bis zum nächsten Jubiläum!

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