Weniger Unterstützung?: Mittelstands-Netzwerk gegen Sparen bei Forschungsförderung

Das Mittelstands-Netzwerk AiF hat angesichts der Konjunkturabkühlung und erwarteter Einbußen bei Steuereinnahmen vor Abstrichen an der Forschungsförderung gewarnt.

Mit den von der Koalition geplanten Steueranreizen für forschende Unternehmen allein könne das Innovationspotenzial nicht gehoben und der Umbau etwa zu einer klimaschonenden Produktion bewältigt werden, sagte AiF-Präsident Sebastian Bauer in Berlin. Zumal von dieser Milliarden-Subvention kleine sowie mittlere Unternehmen kaum profitieren dürften.

«Das Wirtschaftswachstum wird schwächer, das Steueraufkommen geringer, und im Bundeshaushalt stehen Einschnitte an», sagt Bauer. «Wir haben ständig Sorge, dass in der Projektförderung gespart wird.» Aber gerade eine nachhaltige Klimapolitik erfordere neue Technologien und eine finanzielle Unterstützung mittelständischer Firmen für eine rohstoffärmere und CO2-neutrale Produktion.

Die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) führt Mittelstandsfirmen und Forschung zusammen. Kleine und mittlere Betriebe haben im Gegensatz zu großen Konzernen häufig keine eigenen Forschungsabteilungen. Sie wollen mit neuen Trends mithalten, können sich aber die Finanzierung oft nicht leisten. Über das AiF-Netzwerk mit 100 Forschungsvereinigungen und 50.000 beteiligten Unternehmen soll ihnen Zugang zu neuen Technologien erleichtert werden.

Möglich ist dies über das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) und die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF). Mit Forschungsallianzen, in denen Wissenschaftler, Mittelstandsfirmen sowie Netzwerke quer über alle Branchen ihre Kompetenzen bündeln, sollen Technologien schneller marktfähig werden. Ein finanzieller Anstoß ist aus Sicht Bauers aber nötig: «Wir wünschen uns natürlich, dass es Extragelder gibt. Wir stehen in den Startlöchern.»

Der Bedarf ist groß. Zwar steigen die Aufwendungen der Unternehmen für Forschung und Entwicklung (FuE). 2017 lag der Anteil der FuE-Ausgaben an der Wirtschaftsleistung Deutschlands bei 3,02 Prozent, wie aus einer Übersicht des Nationalen Reformprogramms hervorgeht. Bis 2025 sollen es 3,5 Prozent sein. Zugleich sinkt aber die Zahl der «innovationsaktiven Unternehmen» in Deutschland – von 130.000 im Jahr 2008 auf rund 107.000 im Jahr 2017, wie Ökonomen des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung ermittelten.

Ausgaben für Innovationen konzentrierten sich bei Großunternehmen sowie einigen Mittelstandsbetrieben, heißt es in einer Analyse des Instituts KMU Forschung Austria für das Wirtschaftsressort. Für kleine und mittlere Firmen ohne ausreichend Forschungskapazitäten kämen Programme wie das ZIM zum Tragen. Das sollte als «breites, themenoffenes Programm» weitergeführt werden, empfiehlt die Studie.

Soweit die Empfehlung an Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Der nennt auch die Industrielle Gemeinschaftsforschung «ein Kernelement der Mittelstandspolitik». Sein Haus verweist auf in der Vergangenheit gestiegene Mittel, seither aber stagniert die Summe. Mit gerade 169 Millionen Euro seien die Mittel ein «Klacks», sagt AiF-Präsident Bauer. Viel Innovationspotenzial bleibe ungenutzt. Immerhin: Im Haushaltsentwurf für 2020 sind bisher 177 Millionen Euro veranschlagt – aber Steuerschätzung und Etatberatungen kommen noch.

Eine Projektförderung über das ZIM und die IGF hält Bauer für weit wirkungsvoller als eine steuerliche Zulage, die laut Gesetzentwurf ab 2021 mit Kosten von mehr als Milliarde Euro zu Buche schlagen soll. Bei der AiF ist die Sorge groß, dass durch die Steuerzulage Mittel für Förderprogramme fehlen. Davor warnt auch die Linken-Politikerin Petra Sitte im Bundestag: Ein Nebeneinander drohe Programme wie das ZIM zu kannibalisieren: «Ich finde, es ist ein absurder Vorgang, eine erfolgreiche Förderung ohne Not zu gefährden.»

Union und SPD schreiben sich auf die Fahnen, Programme ausgebaut zu haben. «Es ist diese Koalition, die die Mittel für ZIM Jahr für Jahr aufgestockt hat», lobt CDU-Wirtschaftspolitiker Mark Hauptmann in einer Bundestagsdebatte. Einen «erheblichen Aufwuchs» bei den Ausgaben für das «wirklich sehr innovative» IGF-Programm macht Thomas Jurk von der SPD aus. Sitte kontert: das ZIM stagniere bei etwa 560 Millionen Euro pro Jahr.

Von einer Deutschen Transfergemeinschaft, wie sie die Liberalen anstreben, halten die Linken nichts. Geht es nach FDP-Experte Thomas Sattelberger, soll diese Projekte auswählen, «gerne mit den bewährten Netzwerken, wie etwa der Industriellen Gemeinschaftsforschung unter dem Dach der AiF, als Rückgrat. Die bekäme so einen weiteren Schub».

Würden ZIM oder IGF in dieser Transfergemeinschaft aufgehen, bedeute dies am Ende ein Auslaufen dieser erfolgreichen Programme, glaubt Sitte: «Und das halte ich für ziemlich widersinnig.» Schließlich habe das Wirtschaftsministerium darauf verwiesen, dass der Umsatz in ZIM-Projekten um zwei Drittel gestiegen sei, was zu einen Beschäftigtenzuwachs von 60 Prozent geführt habe.

Ginge es nach dem AiF-Präsidenten und Baumanager Bauer, sollte nicht nur die Projektförderung ausgebaut werden. Um die Innovationskraft des Mittelstandes zu erhöhen, müsste auch die Körperschaftsteuer gesenkt werden – unter der Voraussetzung, dass Unternehmen die frei werdenden Mittel wieder investieren.

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