US-Militär fliegt Vergeltungsangriffe im Irak und in Syrien – Angst vor Eskalation

US-Kampfflugzeuge
© AFP
Die USA haben nach dem Tod dreier Soldaten Vergeltungsangriffe gegen pro-iranische Stellungen in Syrien und Irak geflogen und damit Ängste vor einer Eskalation im Nahen Osten weiter befeuert. Damaskus, Bagdad und Teheran verurteilten die US-Angriffe am Samstag als Bedrohung für die Sicherheit in der Region. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nannte den Nahen Osten einen „Kessel, der explodieren kann“. US-Präsident Joe Biden kündigte unterdessen weitere Angriffe an.
Als Vergeltung für den Tod dreier US-Soldaten bei einem Drohnenangriff in Jordanien bombardierten Washingtons Streitkräfte in der Nacht zum Samstag Ziele im Irak und in Syrien. Das US-Militär und die Regierung in Washington erklärten, die Angriffe auf mehr als 85 Ziele hätten den iranischen Revolutionsgarden und mit Teheran verbündeten Milizen gegolten.
Nach Angaben der Regierung in Bagdad wurden bei den US-Angriffen mindestens 16 Menschen im Irak getötet, darunter auch Zivilisten. Die Sicherheit des Irak und der Region stünde aufgrund der Angriffe „am Rande des Abgrunds“, erklärte Regierungssprecher Bassem al-Awadi. Zuvor hatte die Regierung die US-Luftangriffe bereits als „Verletzung der irakischen Souveränität“ verurteilt. Das Außenministerium kündigte an, den US-Botschafter einzuberufen.
Die syrische Regierung meldete nach den Angriffen „erhebliche Schäden“. Bei den nächtlichen Angriffen seien „eine Reihe von Zivilisten und Soldaten getötet“ und weitere verletzt worden, zitierten syrische Staatsmedien aus einer Erklärung des Militärs.
Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte, bei Angriffen im Osten Syriens seien mindestens 23 pro-iranische Kämpfer getötet worden. Unter den getöteten Kämpfern seien auch Nicht-Syrer, sagte der Leiter der Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman.
Das syrische Außenministerium erklärte, die Angriffe würden „den Konflikt im Nahen Osten auf äußerst gefährliche Weise anzuheizen“. Das Militär erklärte zudem, die „Besetzung von Teilen Syriens durch US-Streitkräfte“ könne „nicht weitergehen“. In Syrien sind im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat noch rund 900 US-Soldaten stationiert, im Irak rund 2500.
Mit den Luftangriffen reagieren die USA auf einen Drohnenangriff auf einen Militärstützpunkt im Nordosten Jordaniens nahe der Grenze zu Syrien, bei dem in der Nacht zum Sonntag vergangener Woche drei US-Soldaten getötet und Dutzende weitere verletzt worden. Das Weiße Haus machte später die vom Iran unterstützte Gruppe Islamischer Widerstand im Irak für den Angriff verantwortlich.
„Unsere Antwort hat heute begonnen“, erklärte Biden. „Sie wird zu Zeitpunkten und an Orten weitergehen, über die wir entscheiden werden.“ Am Freitag wohnte Biden auf einem Luftwaffenstützpunkt im US-Bundesstaat Delaware der Ankunft der sterblichen Überreste der getöteten Soldaten bei.
Der Iran kritisierte die US-Angriffe als „strategischen Fehler“ Washingtons, der lediglich die „Spannungen und Instabilität“ in der Region verstärken werde.
Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warnte vor einer Eskalation im Nahen Osten. Alle Seiten müssten „versuchen zu verhindern, dass die Situation explosiv wird“, sagte er vor einem informellen Treffen der EU-Außenminister in Brüssel.
Das für den Nahen Osten zuständige US-Regionalkommando Central Command erklärte, bei den Luftangriffen im Irak und in Syrien seien mehr als 125 Präzisionsraketen oder Präzisionsbomben zum Einsatz gekommen. Unter den Zielen seien Kommando- und Geheimdienstzentralen sowie Raketen- und Drohnenlager von Milizen und den Al-Kuds-Brigaden der iranischen Revolutionsgarden gewesen.
Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses, John Kirby, sagte, Washington habe die irakische Regierung im Vorfeld der Angriffe gewarnt. Bagdad wies diese Darstellung als „unbegründete Behauptung“ zurück.
Die US-Luftangriffe erfolgen inmitten massiver Spannungen im Nahen Osten infolge des Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas, der am 7. Oktober mit dem brutalen Angriff der Hamas auf Israel begonnen hatte. Nach den US-Angriffen in Syrien und dem Iran warf die Hamas Washington nun vor, „Öl ins Feuer“ zu gießen.
Befürchtet wird eine Ausweitung des Konflikts bis hin zu einer mögliche direkten Konfrontation zwischen den USA und dem Iran. Das Weiße Haus hat betont, keinen Krieg mit dem Iran zu wollen.
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