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Erst Blutvergießen, dann Entsetzen, dann Forderungen nach schärferen Waffengesetzen. Dieses Mal sollen Konsequenzen folgen, verspricht Präsident Donald Trump nach zwei Schusswaffenangriffen in den USA (der stern berichtete). Doch was ist davon zu halten? Drei Kernaussagen aus seiner Rede zu den Bluttaten in El Paso und Dayton in der Analyse.
1. Trump kritisiert vieles, nur nicht sich selbst
„Grausige Videospiele“, die „Glorifizierung von Gewalt“, eine „gewaltverherrlichende Kultur“ und nicht zuletzt „Geisteskrankheit“ – in den Augen Trumps sind viele Dinge für die Bluttaten in El Paso und Dayton mitverantwortlich.
Kritiker werfen Trump vor, selbst mit seiner aggressiven Rhetorik Hass und Gewalt zu begünstigen. „Er ist ein Rassist, und er schürt den Rassismus in diesem Land“, meint etwa Beto O’Rourke, der Präsidentschaftsbewerber der Demokraten.

Nicht von der Hand zu weisen ist: Der US-Präsident machte Stimmung gegen vier Demokratinnen, die in ihre „Herkunftsländer“ zurückkehren sollten – ungeachtet dessen, dass sie US-Bürgerinnen sind. Dem mächtigen Vorsitzende des Kontrollausschusses im Repräsentantenhaus, Elijah Cummings, beschimpfte er als „brutalen Tyrannen“ und nannte dessen mehrheitlich von Schwarzen bewohnten Wahlkreis im US-Bundesstaat Maryland ein „widerliches, von Ratten und Nagern verseuchtes Drecksloch“.
Einige wenige Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit, die nur wenige Wochen zurückliegen.
Ende vergangenen Jahres bestätigte ein Bericht der US-Bundespolizei, dass die Zahl von „Hassverbrechen“ in den USA erneut deutlich gestiegen ist. 2017 wurden insgesamt 7175 solcher Verbrechen registriert. Laut FBI ein Anstieg von rund 17 Prozent und damit die höchste Zahl seit 2008. Der drastische Anstieg fällt damit in Trumps Amtszeit, der im Januar 2017 als 45. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt wurde. Ebnet der US-Präsident mit seiner scharfen Rhetorik den Weg für „Hassverbrechen“?
Die Bluttat in El Paso könnte ein Hinweis dafür sein, dass Trump zumindest ein Stichwortgeber ist. Ermittler werten den Schusswaffenangriff als inländischen Terrorismus, es könnte sich um ein „Hassverbrechen“ handeln. Der mutmaßliche Schütze, ein 21-jähriger weißer Texaner, soll kurz vor der Tat ein Online-Manifest veröffentlicht haben. In der Kampfschrift heißt es unter anderem: „Dieser Angriff ist eine Antwort auf die hispanische Invasion in Texas.“ Invasion – ein Begriff, den Trump im Zusammenhang mit illegaler Einwanderung über die US-mexikanische Grenze mehrfach nutzte (etwa hier, hier, hier und hier).
2. Knallhart, aber nicht versöhnlich
Ungewohnt deutlich prangerte Trump Rassismus und die Ideologie weißer Vorherrschaft an. „Unsere Nation muss Rassismus, Fanatismus und die Ideologie weißer Vorherrschaft verurteilen“, sagte der Präsident. Er habe die Bundespolizei FBI angewiesen, alle Ressourcen zur Bekämpfung von „Hassverbrechen und inländischem Terrorismus“ einzusetzen.
Mit seiner Rede wich Trump gewissermaßen von seiner bisherigen Haltung ab: Bislang hatte er die Gefahr von Angriffen durch Anhänger der sogenannten White-Supremacy-Ideologie bagatellisiert. Bei einem Aufmarsch von Neonazis im August 2017, bei der ein Rechtsextremist in eine Gruppe von Gegendemonstranten fuhr und eine Frau tötete und mehrere Menschen verletzte, machte Trump etwa beide politischen Lager für die Gewalt verantwortlich.
Allerdings: Als Versöhner einer offenbar zunehmend gespalteten US-Gesellschaft trat der Präsident in seiner Rede nicht auf.
Er begegnete Radikalität mit Radikalität. Er sprach sich in der selben Rede für eine „schnelle“ Todesstrafe für Hassverbrechen in Form von Massenmord aus. Vor seiner Rede knüpfte Trump eine Verschärfung im Waffenrecht an eine von ihm geforderte „dringend benötigte Einwanderungsreform“. Der Eindruck: Trump will von den Geschehnissen profitieren – und weniger beruhigen und heilen.
3. Schärfere Waffengesetzte? Unwahrscheinlich
Am Montagmorgen nach dem blutigen Wochenende in El Paso und Dayton spricht sich US-Präsident Donald Trump auf Twitter zunächst dafür aus, die Hintergrundchecks für Waffenbesitzer zu verschärfen. Als er sich drei Stunden später im Weißen Haus mit einer Ansprache an die Nation richtet, erwähnt er das aber nicht mehr, sondern nennt eine Reihe von anderen – eher vage formulierten – Konsequenzen: Unter anderem will er dafür sorgen, dass psychisch Kranke, die eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstellen, keine Waffen mehr besitzen dürfen. Trump versieht diese Ankündigung mit dem bemerkenswerten Satz: „Geisteskrankheiten und Hass drücken ab, nicht die Waffe.“
Soll das heißen, nicht Waffen sind das Problem, sondern ein paar Gestörte, die nicht wissen, damit umzugehen? Experten widersprechen umgehend. Trumps Aussage ist auch in anderer Hinsicht interessant: Unter ihm schaffte der Kongress eine Regulierung aus der Regierungszeit von Präsident Barack Obama ab – was dazu führte, dass psychisch Kranke wieder Zugang zu Waffen bekamen. Das will Trump nun also wieder umkehren. Eine echte Gesetzesverschärfung will er nicht.
Psychisch Kranke, „die Gewalttaten begehen könnten“, müssten besser identifiziert und notfalls gegen ihren Willen eingewiesen werden, forderte Trump. Epidemiologen gehen davon aus, dass die große Mehrheit psychisch Erkrankter nicht gewalttätig ist. Zumal: Ob die Täter in El Paso und Dayton tatsächlich eine psychische Störung hatten, wurde von den Ermittlern bisher nicht bestätigt.
Quellen: CNN, „Süddeutsche Zeitung“, „Zeit Online“, mit Material der Nachrichtenagenturen DPA und AFP