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Dichte Rauchschwaden stehen über dem ausgedehnten Waldgebiet östlich von Lübtheen, wenige Kilometer von der Elbe entfernt. In regelmäßigen Abständen donnern Hubschrauber über das Städtchen im Südwesten Mecklenburg-Vorpommerns. Sie bringen dringend benötigtes Löschwasser, das sie mit riesigen Säcken aus Seen geschöpft haben, zum Brandherd. Er liegt auf einem stark mit Munition belasteten, nur eingeschränkt zugänglichen Ex-Truppenübungsplatz.
Feuer von Winden angefacht
Rund 470 Hektar (rund 600 Fußballfelder) Wald sind nach Behördenangaben von dem Feuer betroffen, das gleich mehreren Stellen ausgebrochen und von kräftigen Winden angefacht worden war. Mecklenburg-Vorpommern stemmt sich nach den Worten von Umweltminister Till Backhaus (SPD) mit allen Mitteln gegen den größten Waldbrand in der Geschichte des Bundeslandes. Technische und personelle Hilfe erhalten die Feuerwehren von THW, DRK, Bundeswehr und Bundespolizei. Der Brandgeruch soll sogar noch in Sachsen wahrnehmbar gewesen sein.
Das ganze Ausmaß der Bedrohung wird etwa zehn Kilometer entfernt deutlich. Am Ortsrand von Alt Jabel, das wegen des Feuers bereits evakuiert ist, haben Feuerwehren eine ganze Batterie von Löschfahrzeugen aufgereiht. Unablässig schicken sie Wasserfontänen in das Waldgebiet, in der Hoffnung, das Feuer eindämmen zu können. Immer wieder frischt der Wind auf und lässt neue Flammen emporzüngeln. Dichter Rauch stoppt den Blick ins Unterholz nach wenigen Metern.
Hier stand die größte Marine Munitionsfabrik
In den Wald dürfen die Feuerwehrleute nicht. Die regelmäßigen Detonationen alter Munition im Boden machen deutlich, weshalb. Das insgesamt 6000 Hektar große Areal sei nicht nur über viele Jahrzehnte für militärische Manöver genutzt worden. „In diesem Gebiet stand vor dem Zweiten Weltkrieg die größte Marine-Munitionsfabik“, berichtet Backhaus. Kurz vor Kriegsende sei das Munitionslager dann gesprengt worden, ohne dass aber alle Munition auch vernichtet worden wäre.
Rüdiger Westphahl aus Neu Zachun ist mit seinem Löschtrupp seit dem Morgen bei Alt Jabel im Einsatz. Er dirigiert die Traktoren, die im Zehn-Minuten-Takt auf gewässerten Waldwegen riesige Tanks mit bis zu 30.000 Litern heranbringen, an die Wasserentnahmestelle. Dort halten seine Kameraden die Saugschläuche in das provisorische Folienbecken. Westphahl gibt sich zuversichtlich, das Feuer vom Ort fernzuhalten.
Alle sechs Stunden, berichtet der Feuerwehrmann, werden die Kräfte ausgetauscht. Rund 400 Männer und Frauen sind laut Führungsstab im Einsatz. Dazu zählt auch Doreen Eggert aus Matzlow-Garwitz, einem Ort gut 50 Kilometer nördlich. Wie für viele der freiwilligen Feuerwehrleute war auch für die Lebensmittelverkäuferin die Nacht früher zu Ende als erwartet. Und nach der Alarmierung um 5.24 Uhr nahm der Tag einen ungeplanten Verlauf. „Den Jungs gut zureden und selbst mit anpacken“, beschreibt sie ihre Aufgabe, die sich vom Alltag hinter dem Verkaufstresen doch deutlich unterscheidet.
Mitten in der Nacht die Häuser verlassen
In Jessenitz-Werk, wenige Kilometer nordwestlich, fräsen Bauern umliegender Agrarbetriebe mit ihren Pflügen gut 20 Meter breite Brandschutzstreifen in die Wiesen am Waldrand. „Falls der Wind dann doch wieder dreht, kann so ein Übergreifen der Flammen verhindert werden“, erklärt der Wehrleiter Niko Dankert.
Diesen Ort hatte das Ehepaar Klaus und Monika Ackermann mitten in der Nacht verlassen müssen. „Reserve-T-Shirt, Schlüpfer, Handtuch, Waschtasche“, zählt der 67-Jährige auf. Viel mehr habe er in der Kürze der Zeit nicht einpacken können. Nun hoffe er, dass es der Feuerwehr gelinge, den Brand vom Ort fernzuhalten, sagt Ackermann.
Für die Zeit der Evakuierung kam er mit seiner Frau und dem erwachsenen Sohn, der gerade aus Freiburg zu Besuch da ist, in der Turnhalle der Lübtheener Schule unter. Das DRK sorgt dort für die Betreuung von etwa 50 betroffenen Menschen. Insgesamt mussten laut Einsatzleitung zunächst etwa 650 Menschen drei besonders gefährdete Orte verlassen, die zumeist aber bei Verwandten und Bekannten unterkamen. Wegen drehender Winde wurde am Montagabend auch noch der mit mehr als 100 Einwohnern kleine Ort Volzrade geräumt.
Schon letztes Jahr brannte es bei ihm
Mit Sorge blickt Lars Tartarek zum sommerlich blauen Himmel. Der Mann lebt in Lübbendorf am nördlichen Rand des Truppenübungsplatzes. Er musste im Vorjahr sein Haus räumen, als es dort schon einmal gebrannt hatte. „Damals hat ein kräftiger Platzregen geholfen, das Feuer zu bändigen. Danach sieht es jetzt aber nicht aus“, sagt Tertarek. Für die Region Lübtheen ist eine Woche ohne Regen vorhergesagt.
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