Kreml unter Druck setzen: Nawalnys Team plant neue Proteste in Moskau

Kreml unter Druck setzen Nawalnys Team plant neue Proteste in Moskau

Nawalny-Proteste

Polizisten blockieren bei einem Protest in Moskau Demonstranten mit Schutzschildern den Weg. Tausende von Menschen gingen in den vergangenen Tagen in Russland auf die Straßen um die Freilassung Nawalnys zu fordern. Foto: Dmitri Lovetsky/AP/dpa

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Ein Gericht in Moskau will am Dienstag darüber entscheiden, ob Nawalny lange ins Gefängnis muss. Seine Anhänger rufen deshalb zu Protesten auf. Sie wollen den Kreml weiter unter Druck setzen.

Nach neuen Massenprotesten in Russland für den inhaftierten Kremlkritiker Alexej Nawalny mit Tausenden Festnahmen ruft sein Team zu weiteren Demonstrationen auf.

Die Menschen sollten den Oppositionellen an diesem Dienstag vor einem Gericht in Moskau unterstützten, schrieb sein Team in der Nacht zum Montag im Nachrichtenkanal Telegram. Es geht darum, ob eine frühere Bewährungsstrafe gegen Nawalny in eine echte Haftstrafe umgewandelt wird. Dem 44-Jährigen drohen mehrere Jahre Gefängnis. Sein Team schrieb, ohne Hilfe könne man nicht «der Gesetzlosigkeit der Behörden» die Stirn bieten.

Seine Freilassung hatten Unterstützer bereits am Sonntag bei Massendemonstrationen in rund 100 Städten gefordert. Einige Beobachter meinten, dass die Proteste größer ausgefallen seien als am Wochenende zuvor, als Hunderttausende sich beteiligt hatten. «Wir haben erneut dafür gesorgt, dass Alexej Nawalny eine enorme landesweite Unterstützung hat», schrieb sein Team. Die Aktionen hätten gezeigt, dass «wir viel stärker und mutiger sind, als wir denken».

Bei den Protesten kamen deutlich mehr Menschen in Polizeigewahrsam als zuvor. Das Portal Owd-Info listete in der Nacht zum Montag landesweit mehr als 5100 Festnahmen auf. Die meisten mit mehr als 1600 gab es demnach in der Hauptstadt Moskau. Die Behörden hatten das Zentrum rund um den Kreml weitgehend abgeriegelt gehabt, um Proteste zu verhindern. Am Abend wurden dann Metro-Stationen wieder geöffnet und gesperrte Straßen für Autos freigegeben. Zudem kamen den Menschenrechtlern zufolge mehr als 60 Journalisten in Gewahrsam.

Wieder auf freien Fuß kam am Abend die Ehefrau von Nawalny, nachdem sie stundenlang in Polizeigewahrsam war. Medienberichten zufolge muss Julia Nawalnaja aber an diesem Montagvormittag wegen Teilnahme an nicht genehmigten Kundgebungen vor Gericht. Ihr drohen demnach eine Geldstrafe oder bis zu 15 Tage Haft.

Mit Spannung wird am Montag erwartet, ob sich der Kreml zu den Protesten äußern wird. Vor einer Woche hatte Sprecher Dmitri Peskow von «wenigen Menschen» auf den Straßen gesprochen.

Zuletzt hatten die Behörden prominente Vertreter von Nawalnys Team festgenommen. Nach Einschätzung von Kommentatoren hatte der Machtapparat darauf spekuliert, dass die Proteste dadurch zum Erliegen kommen. Das sei aber nicht eingetreten.

Kritik am Vorgehen der Sicherheitskräfte kam aus dem Ausland. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schrieb auf Twitter, er bedauere die vielen Festnahmen und den «unverhältnismäßigen Einsatz» von Gewalt gegen Demonstranten und Journalisten in Russland. Er wird am Freitag zu Gesprächen in Moskau erwartet. Dabei wolle er auch über Nawalny reden, sagte er.

Tschechiens Außenminister Tomas Petricek sagte der Agentur CTK zufolge, mit der gewaltsamen Unterdrückung der Opposition und der Redefreiheit verstoße Russland gegen seine eigene Verpflichtung, die Menschenrechte zu achten. Sein Land werde innerhalb der EU dafür plädieren, gegen bestimmte Verantwortliche Sanktionen zu verhängen.

Deutschland und seine europäischen Partner müssten sich mit Nachdruck für die sofortige Freilassung Nawalnys einsetzen, forderte der FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff in der «Rheinischen Post» (Montag). Die Grünen-Politikerin Agnieszka Brugger sprach sich als Konsequenz im Fall Nawalny für einen Baustopp der umstrittenen deutsch-russischen Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 aus.

Der frühere SPD-Vorsitzende Martin Schulz lehnte Strafmaßnahmen dagegen ab. «Ich habe bis heute keine Sanktionen gesehen, die Wladimir Putin zum Nachgeben gezwungen hätten», sagte er dem «Spiegel». Sanktionen seien manchmal notwendig. «Aber ich bin sicher: Im Fall Nawalny werden wir mit Sanktionen nichts erreichen.»

Der Oppositionelle war im August in Sibirien Opfer eines Mordanschlags mit dem Nervengift Nowitschok geworden. Er macht ein «Killerkommando» des Inlandsgeheimdienstes FSB unter Putins Befehl dafür verantwortlich. Putin und der FSB weisen das zurück.

dpa

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