Geste der Verhöhnung : Fall Nawalny: „Putins Koch“ spendet Million Rubel – doch die Charité schickt das Geld zurück

Geste der Verhöhnung Fall Nawalny: „Putins Koch“ spendet Million Rubel – doch die Charité schickt das Geld zurück

Ewgenij Progozhin gilt als Vertrauter Waldimir Putins. In der Öffentlichkeit zeigt er sich nur selten. 

Ewgenij Progozhin gilt als Vertrauter Waldimir Putins. In der Öffentlichkeit zeigt er sich nur selten. 

© Sergei Ilnitsky / Picture Alliance

Als „Putins Koch“ ist Ewgenij Prigozhin berühmt und berüchtigt. Mit Alexej Nawalny verbindet ihn eine lange Feindschaft. Nun hat der Milliardär an die Charité eine Million Rubel überwiesen. Doch die Spende wollte dort niemand haben. 

Ewgenij Prigozhin ist ein Mann mit vielen Seiten. Er ist derjenige, der die Troll-Armeen des Kremls beaufsichtig, die im Auftrag des Staates Propaganda und Fake News im Netz verbreiten. In den USA wurde er deswegen der Verschwörung zur Störung demokratischer Prozesse, darunter der Präsidentschaftswahl von 2016, angeklagt und mit Sanktionen belegt.

Er soll auch derjenige sein, der die private Söldertruppe „Wagner“ befehligt, die der Kreml gerne im Ausland einsetzt, etwa in der Ukraine oder in Syrien. Offiziell wird die Truppe von Dmitri Utkin angeführt, der einst Sicherheitschef von Prigozhin war und als Generaldirektor einer seiner Firmen geführt wurde. Doch Prigozhin soll das entscheidende Bindeglied zwischen dem Söldnerkommandanten und dem Kreml sein.

Allem voran ist Prigozhin aber als „Putins Koch“ bekannt. Als Inhaber eines Gastronomieunternehmens richtet er die Dinner und Empfänge des russischen Präsidenten aus. Dies brachte ihm den Spitznamen ein. Zudem ist er der Einzige, der ein privates Restaurant im Parlamentsgebäude in Moskau betreiben darf. Aber der Geschäftsmann verköstigt nicht nur Putin und die russischen Abgeordneten, sondern beliefert auch Kindergärten, Krankenhäuser und militärische Einrichtungen in ganz Russland. 

Dieses Geschäft ist wohl die Hauptquelle für seine Reichtümer. 2016 deckte Alexej Nawalny und sein Fond zur Korruptionsbekämpfung auf, dass Prigozhin allein in diesem Jahr Aufträge des russischen Verteidigungsministeriums in Höhe von 23 Milliarden Rubel bekommen hatte. Dabei suggerierten seine Firmen einen vermeintlichen Wettbewerb um die Staatsaufträge, die schließlich einer von ihnen zum denkbar hohen Preis zufielen. Dokumente der russischen Kartellbehörde belegen diese Machenschaften.

Alexej Nawalny macht sich Prigozhin zum Feind

Seit dieser Aufdeckung ist Nawalny für Prigozhin Feind Nr. 1. Er strengte mehrere Verfahren gegen den Oppositionspolitiker an, kaufte zuletzt sogar seine Strafschulden auf, damit Nawalny ihm persönlich den Millionen-Rubel-Betrag schuldig ist. Nach der Vergiftung des Kreml-Gegners am 20. August tat sich Prigozhin durch spöttische und zynischste Kommentare hervor. Am 7. September folgte dann der Höhepunkt der Verhöhnung. Eine Million Rubel (nach aktuellem Kurs etwa 1100 Euro) überwies Prigozhin an die Berliner Klinik Charité, wo Nawalny seit dem 22. August in Behandlung ist. „Sollen sie ihn behandeln, bis er sich erholt, zumal er mir Geld schuldet“, erklärte „Putins Koch“ seinen Schritt in einer Erklärung. 

Doch in der Charité wollte niemand das Geld haben. Am 16. September überwies man die gesamte Summe zurück. Während die Klinik die Ablehnung der Spende nicht kommentiert, haben Prigozhins Mitarbeiter eine ganz eigene Erklärung: „Die Zahlung wurde heute zurückerstattet. Höchstwahrscheinlich aus einem der folgenden Gründe: Entweder weil Ewgenij Prigozhin unter Sanktionen steht. Oder weil die Klinik im anderen Fall Rechenschaft über ihre Verwendung gegenüber Ewgenij Prigozhin ablegen müsste. Die Charité will wohl keine Einzelheiten über die Vergiftung und Behandlung von Nawalny verraten“, heißt es in einer Erklärung Prigozhins Firma Konkord. 

Schon vor dem Mordversuch hatte Prigozhin versucht, Nawalny durch eine Spende zu demütigen. Vor ein paar Monaten überwies er eine Million Rubel auf das Konto des Fonds zur Korruptionsbekämpfung (FBK) von Nawalny. Ein Gericht hatte die Stiftung zuvor zu einer Strafe von rund 88 Millionen Rubel verurteilt – wegen vermeintlicher Verleumdung. Nawalny und sein Team hatten berichtet, dass Prigozhins Unternehmen Moskauer Kindergärten und Schulen mit minderwertigen Lebensmitteln beliefert hätten, was zu einem Ausbruch von Ruhr bei Kindern und Jugendlichen geführt habe.

Auch damals überweis Nawalny das Geld an Prigozhin zurück. Er erklärte dies mit den Worten: „Selbst der Gedanke, dass sich auf unserem Konto Geld befindet, das mit dem Verkauf von faulem Fleisch verdient wurde, macht mich krank.“ Im vergangenen Juli musste Nawalny seinen Fonds aufgrund der großen Strafzahlung auflösen. 

ivi

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