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Gefahr für Vierbeiner? Vergiftete Leckerlis, Rasierklingen in Fleischstücke – vermehrte Attacken auf Hunde
Hunde leben offenbar gefährlich. Immer häufiger kommt es zu gefährlichen Attacken gegen Hunde: vergiftete Leckerlis, Nägel in Fleischstücken. Was motiviert Täter zu so einer Tat?
Hundehalter und deren Vierbeiner müssen sich derzeit in Nürnberg in Acht nehmen. Eine Serie von vergifteten Ködern versetzt die Stadt in Angst. Die Polizei sucht nach Tätern. Auch in Bremen kommt es zu Attacken gegen Hunde. Menschen entdeckten Fleischstücke, die mit Nadeln gespickt waren – das Gleiche auch in Magdeburg.
Vorfälle wie diese gibt es fast täglich in Deutschland. Man liest davon in Polizeiberichten, in sozialen Netzwerken und speziellen Apps, die vor giftigen oder mit gefährlichen Gegenständen versehenen Hundeködern warnen. Für Frauchen und Herrchen entsteht der Eindruck: Auf jedem Grünstreifen, hinter jedem Busch könnte eine tödliche Gefahr für den geliebten Vierbeiner lauern. Doch ist das tatsächlich so?
Hundehalter sollten die Augen offen halten
Die Fakten: Wie viele gefährliche Köder in Deutschland im Jahr entdeckt werden und wie viele Hunde dadurch zu Schaden kommen, ist unbekannt. In der Kriminalitätsstatistik werden diese Fälle nicht erfasst. Fragt man die Polizei in Nürnberg und Bremen, heißt es einhellig: „Das kommt immer wieder vor.“
Allerdings ist die Dunkelziffer hoch. Viele Hundehalter gehen nicht zur Polizei, wenn sie ein verdächtiges Leckerli entdecken. Und oft geht es den Tieren erst Stunden später schlecht, nachdem sie vergiftete Fleischstücke gefressen haben, so dass die Besitzer das nicht mehr mit dem letzten Spaziergang in Verbindung bringen.
Zumindest eine Tendenz geben die Fallzahlen vom bayerischen Landeskriminalamt. Im vergangenen Jahr verzeichnete die Behörde 219 Fälle von präparierten Hundeködern im Freistaat. Im ersten Halbjahr 2020 waren es 149. „Die Tendenz ist in den letzten Jahren stetig ansteigend“, sagt Kriminalhauptkommissar Ludwig Waldinger. Aber: Die Statistik gibt nur die Zahl der Fälle wider, in denen die Polizei ermittelt hat. Nicht alle davon haben sich später als Straftat herausgestellt.
Die Verstärker: Wenn irgendwo verdächtige Köder auftauchen, ist das unter Hundefreunden schnell Stadtgespräch. Mit Anzeigen sind viele von ihnen zögerlich, mit Warnungen in Facebook-Gruppen, speziellen Internetseiten und Apps dagegen eher nicht. Mehr als 10 000 Meldungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hat die Webseite „Giftköderradar“ seit 2011 registriert. „Über die Jahre sind die Zahlen stabil bis leicht steigend“, sagt Mitgründer Sascha Schoppengerd.
Fünf bis zehn Meldungen aus ganz Deutschland gehen seinen Angaben nach täglich ein. Etwa 40 Prozent davon veröffentlicht die Seite. „Beim Rest handelt es sich meist um achtlos entsorgte Lebensmittel und damit nicht um Giftköder im klassischen Sinn“, sagt er. Oder es seien veraltete Meldungen, die ohne Zeitangaben in den sozialen Medien kursierten. „Die Wahrnehmung in diesem Bereich ist massiv verzerrt, und dazu tragen die Hundehalter selbst natürlich auch extrem bei“, sagt Schoppengerd. Diese teilten Gerüchte über mögliche Köder oft unreflektiert.
Gerüchte um Giftköder
„Das wird in den sozialen Medien gepostet und dann geht es ab“, bestätigt Wolfgang Prehl vom Polizeipräsidium Mittelfranken in Nürnberg. Die Folgen bekamen die Ermittlern Anfang des Jahres zu spüren, als sie vor möglichen Giftködern im Süden und Westen der Stadt warnten. Mehr als 30 verdächtige Leckerlis gaben besorgte Bürgerinnen und Bürger ab. „Da war vom Wurststück bis zum Keks alles dabei“, sagt Prehl. In keinem davon konnten die Experten des Landeskriminalamts allerdings Gift finden.
Trotzdem: Kleingeredet werden sollte das Problem auf keinen Fall. Tatsache ist: Es gibt Menschen, die legen Leckerlis mit Gift, Rasierklingen, Reißzwecken oder Nägeln aus, um Hunde zu verletzen oder sogar zu töten. Aber wieso?
Die Motive: In der Regel gelingt es den Ermittlern nicht, eine Täterin oder einen Tätern zu schnappen. „Das Entdeckungsrisiko ist für die Täter gering“, sagt Nils Matthiesen von der Polizei Bremen. Deshalb gebe es meist keine Zeugen, die eine oder einen Verdächtigen beschreiben könnten und somit keine Hinweise, denen die Ermittler nachgehen könnten.
Die Motive der Täter
So war es auch im Frühjahr in Magdeburg. Die Polizei befragte Zeugen, Nachbarn, Hundebesitzer – ohne Ergebnis. „Ein konkreter Tatverdacht gegen eine Person kann derzeit nicht begründet werden“, sagt Heidi von Hoff vom Polizeirevier Magdeburg. Über die Motive lasse sich deshalb nur spekulieren: Unstimmigkeiten mit den Hundehaltern, fehlende Empathie gegenüber Tieren, Mutproben, Aggressionsabbau oder eine pathologische Veranlagung zur Tierquälerei könnten eine Rolle gespielt haben.
Der Tierschutzbund hält noch ein weiteres Motiv für möglich: „Oft werden auch zwischenmenschliche Konflikte, zum Beispiel zwischen Nachbarn, über das Haustier ausgetragen“, sagt Sprecherin Lea Schmitz. Dann könnte ein klärendes Gespräch helfen. Doch in den meisten Fällen helfe nur: Augen auf beim Gassigehen und dem Hund beibringen, nichts zu essen, was irgendwo rumliegt.
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