Der Bulle und der Dealer

Dormagen, eine unscheinbare mittelgroße Stadt nordwestlich von Köln. Vor dem Tattoo-Studio „Chorus Line“ parken zwei Motorräder, drinnen riecht es nach Tinte und warmen Croissants. Auf einer Couch sitzen zwei Männer. Der eine, Dieter Beutel, mit Apple Watch und Schnauzer, der andere, Detlef Kowalewski, trägt einen langen, grauen Bart, Ohrringe und die Arme voller Tattoos. An der Wand hinter ihnen hängen Plakate, zu sehen ist die Heavy-Metal-Band High’n Dry, in der Kowalewski jahrelang Frontmann war. Bis er anfing, mit Kokain zu handeln, und von Beutel verhaftet wurde.

Am 6. Dezember 1988 sind Sie beide sich das erste Mal begegnet, auf eher ungewöhnliche Weise. Es war der Tag, an dem Dieter Beutel Sie festgenommen hat, Herr Kowalewski. Woran erinnern Sie sich?
Kowalewski: Es war sechs Uhr in der Früh, meine Frau, ich und meine drei Kinder schliefen noch. Plötzlich wurde die Wohnungstür aufgesprengt, es knallte, eine Blendgranate flog in die Wohnung. Es ging alles so schnell, ich hatte keine Zeit zum Nachdenken. SEK-Beamte stürmten ins Schlafzimmer, rissen mich zu Boden, drückten mein Gesicht in den Teppich und richteten mehrere Gewehrläufe auf mich. Einer von den Kerlen stellte sich mit dem Namen Beutel vor und klärte mich über meine Rechte auf. Er sagte, ich sei wegen „Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz“ verhaftet. Ich hatte ihn zunächst nicht verstanden und fragte ihn: „Beutel? Was für ein Beutel?“

Herr Beutel, Sie waren damals bei der Kripo und leiteten den Einsatz, im Vorfeld hörten Sie Detlef Kowalewski mehrere Monate lang ab. Haben Sie dabei schon eine Beziehung zu ihm aufgebaut?
Beutel: Ehrlich gesagt war der Einsatz an sich lästig und pisslangweilig. Ich ließ Detlef observieren. Neun Monate lang wechselten ich und meine Kollegen uns mit der Telefonüberwachung ab, in der Hoffnung, Kowalewski bei einem Kokain-Deal abgreifen zu können. Er hatte sechs Telefone, glücklicherweise gab es damals noch keine Handys. In der Zeit lernst du einen Menschen besser kennen, als sein soziales Umfeld es tut. Ich wusste, an welchem Tag er Pizza bestellt, worüber er mit seiner Frau streitet, wer seine besten Freunde sind. Oft habe ich ihn erwischt, wie er seine Putzfrau anschwindelte. Er sagte, er hätte keine Kohle, um sie zu bezahlen. Bei der nächsten Party aber haute er das Geld ordentlich auf den Kopf.

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Henning Ross Fotografie

Dieter Beutel

Dieter Beutel, 65, war fast 40 Jahre bei der Kripo Köln, 15 Jahre verbrachte er im dortigen Rauschgiftdezernat. Er ist zum zweiten Mal verheiratet und hat vier erwachsene Kinder. Seit 2018 ist er in Pension.

Welchen Eindruck bekamen Sie von ihm?
Beutel: Zum Einsatzzeitpunkt war mir Detlef herzlich egal, er war für mich einfach ein weiterer Fall. Wer aber wie ich lange im Job ist, bekommt ein Gespür für Menschen. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass Detlef kein Arsch ist. Ich musste beim Abhören oft schmunzeln wegen seiner dämlichen Sprüche. Auf mich wirkte er

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